Histaminintoleranz
- 26. Aug 2013
- Allergien und Unverträglichkeiten
Was ist Histamin?
Histamin ist ein biogenes Amin. Biogene Amine entstehen aus Aminosäuren, den Bausteinen der Proteine. Histamin kommt im Körper selbst, aber auch in zahlreichen Lebensmitteln als natürlicher Inhaltsstoff vor. Bei empfindlichen Personen können über das Histamin hinaus auch weitere biogene Amine (z.B. Phenylethylamin, Putrescin, Tyramin oder Seretonin) zu den typischen Symptomen einer Intoleranz führen.
Täglich nehmen wir ca. 4 mg Histamin über die Nahrung zu uns. Bei einer vorliegenden Intoleranz können jedoch bereits 15 bis 30 Mikrogramm Histamin Symptome hervorrufen.
Darüber hinaus gibt es Lebensmittel (sogenannte Histaminliberatoren), deren Inhaltsstoffe dafür sorgen, dass das in unserem Körper befindliche Histamin freigesetzt wird und so ebenfalls typische Beschwerden entstehen können.
Beschwerden
Die Beschwerden können nach 15 Minuten bis 3 Stunden einsetzten (typischerweise nach 45 Minuten) und klingen nach 8-12 Stunden wieder ab.
Die durch eine Histaminintoleranz verursachten Beschwerden äußern sich in verschiedenen Formen:
- Magen-Darmprobleme wie Übelkeit, weicher Stuhl bis Durchfall, Blähungen
- Kreislaufbeschwerden
- Kopfschmerzen bis zu Migräne
- verstopfte bis laufende Nase
- Herzrhythmusstörungen, schneller bzw. unregelmäßiger Pulsschlag
- niedriger Blutdruck
- Juckreiz der Haut, Quaddeln (Urticaria)
- Rötung der Haut
- Müdigkeit
Ursachen
Im Normalfall wird das anfallende Histamin im Darm durch das Enzym Diaminoxidase (DAO) abgebaut. Ein weiteres Histamin abbauendes Enzym ist die N-Methyltransferase.
Für eine Histamintoleranz kann es verschiedene Gründe geben:
- vorübergehender DAO-Mangel aufgrund einer Infektion oder Entzündung des Darms (nach Abklingen des Infekts normalisiert sich die Stoffwechsellage langsam wieder)
- angeborener Enzymdefekt (ist selten der Fall)
- verminderte DAO-Aktivität bedingt durch die Aufnahme enzymhemmender Stoffe über bestimmte Medikamente, Alkohol oder aminreiche Nahrungsmittel
- ein zu geringer Vitamin B6- und Vitamin C–Status kann die Produktion des histaminspaltenden Enzyms DAO hindern
- zu hohe Belastung des Körpers mit Histamin durch eine zu hohe Aufnahme oder durch eine zu hohe Freisetzung im Körper, z.B. bei allergischer Reaktion oder durch Stress (endogen)
- hohe Aufnahme an histaminfreisetzenden Stoffen, sogenannte Histaminliberatoren; sie kommen sowohl natürlicher Weise in Lebensmitteln vor, als auch als zugesetzte Stoffe bei der Lebensmittelproduktion (Beispiele sind: Metabisulfit, Salizylat und auch Acetylsalicylsäure, der Wirkstoff von Aspirin)
- eine zu hohe Eigenproduktion an Histamin im Körper, z.B. bei Allergien, durch hämatologische Erkrankungen oder durch bakterielle Entzündungen
--> die unterschiedlichen Ursachen können natürlich auch in Kombination auftreten und es kann zu verschieden starken Ausmaßen der Intoleranz kommen
Therapie
Die wichtigste Grundlage bei einer Histaminintoleranz ist zunächst eine Ernährungsumstellung. Folgende Punkte sollten dabei vorrangig beachtet werden:
Der Verzehr/ die Aufnahme von…
- histaminreicher Lebensmittel sollte eingeschränkt werden
- Lebensmitteln mit einem hohen Gehalt an biogenen Aminen sollte verringert werden
- Histamin freisetzenden Lebensmitteln und Medikamenten sollte eingeschränkt werden
- DAO-Hemmern wie Alkohol und entsprechenden Medikamenten sollte vermieden werden
Ernährung
In frischen und unverarbeiteten Lebensmitteln ist der Gehalt an biogenen Aminen in der Regel recht gering. Er kann jedoch durch mikrobiologische Prozesse während der Reifung, Fermentation, Gärung oder der Lagerung von Lebensmitteln rasch und stark ansteigen.
Frische Milch und Frischmilchprodukte wie Buttermilch, Sahne, Joghurt, Quark, Frischkäsezubereitungen oder Butter enthalten zumeist nur wenig Histamin. Es sollte jedoch auch darauf geachtet werden, dass die Produkte nicht zu lang oder unsachgemäß gelagert werden, da sich sonst auch hier die Verträglichkeit verschlechtern kann. Vorsicht geboten ist besonders bei lang gelagerten Milchprodukten wie gereifter Käse (bereits mehrwöchig gereifter Käse). Grundsätzlich gilt: je länger die Reifedauer, desto mehr Histamin. Neben Alkohol stellt Käse den häufigsten Auslöser für Symptome dar. Aus diesem Grund sollte gereifter Käse möglichst gemieden werden. Junge Käsesorten, wie junger Gouda oder Butterkäse enthalten geringere Mengen an Histamin und können unter Umständen verträglich sein. Dies sollte individuell ausprobiert werden.
Während frisches Fleisch und frische Wurstwaren kaum oder wenig Histamin enthalten, steigt der Gehalt an Histaminen oder biogenen Aminen während der Reifung, Trocknung, Räucherung oder auch durch die absichtliche Zugabe von Mikroorganismen zur Aromabildung oder Haltbarmachung stark an. Insbesondere bei Rohwürsten (z.B. Salami) und geräucherten Waren (z.B. geräucherter Schinken) ist daher Vorsicht geboten. Anstelle dessen Kochwurst (z.B. Fleischwurst) oder gekochten Schinken verzehren. Jedoch können sich auch bei frischen Waren durch die Lagerung schnell höhere Werte entwickeln.
Fisch- , Fischprodukte und Meeresfrüchte
Ähnlich wie beim Fleisch enthält frischer und tiefgekühlter Fisch kaum Histamin. Fisch ist jedoch ein sehr leicht verderbliches Lebensmittel und entwickelt dabei rasch hohe Histaminwerte. Generell gilt: sobald auch nur geringe Veränderungen des Geschmacks oder Geruchs wahrgenommen werden, ist mit einem höheren Gehalt an Histamin zu rechnen. Vorsicht geboten ist zudem bei marinierten und durch Salzung oder Räucherung haltbar gemachten Fischwaren und -konserven. Einzuschränken ist der Verzehr der Fischsorten Makrele, Sardelle, Hering und Thunfisch.
Brot und Backwaren, Getreideprodukte
Getreideprodukte wie Nudeln, Reis, Flocken, Cerealien und auch Mehl sind generell zu empfehlen. Ein großes Problem besteht jedoch bei Brot und Backwaren, da diese meist mit stark histaminbelasteter Hefe hergestellt werden. Das heißt: je leichter und luftiger die Backware, desto mehr Hefe und somit Histamin ist enthalten.
Es ist sinnvoll sich beim Bäcker nach hefefreier Ware zu erkundigen. Bei abgepackten Waren empfiehlt es sich die Zutatenliste zu beachten.
Pflanzliche Lebensmittel enthalten in der Regel nur sehr geringen Gehalt an Histamin. Erst durch die Verarbeitung oder die Marinade steigt dieser an. Insbesondere auf Sauerkraut und eingelegte Gemüse wie z.B. Essiggurken, rote Beete oder Silberzwiebeln sollte weitestgehend verzichtet werden. Vorsicht geboten aufgrund von biogenen Aminen oder augrund ihrer Histamin freisetzenden Funktion ist bei folgenden typischen Lebensmitteln:
- Tomaten, Tomatensaft und -mark, Spinat, Avocado, Auberginen
- Keime und Sprossen
- Erdbeeren, Zitrusfrüchte (Orangen, Zitronen, Grapefruit etc.), (über-)reife Bananen, Ananas, Kiwi, Himbeeren, Papaya
Hülsenfrüchte und Nüsse
Aufgrund ihres hohen Eiweißgehaltes haben einige Hülsenfrüchte einen höheren Gehalt an biogenen Aminen. Acht geben sollte man insbesondere bei Walnüssen, Cashewnüsse und Soja und Sojaprodukten (Sojamilch, -soße, Tofu etc.)
Das größte Problem unter den Süßigkeiten stellen Schokolade und kakaohaltige Produkte dar. Sie enthalten zwar kaum Histamin, dafür aber andere biogene Amine die schnell zu starken Beschwerden führen können.
Alkoholische Getränke wie Wein, Bier und Sekt stellen den häufigsten Auslöser der Beschwerden dar. Insbesondere Rotweine weisen einen hohen Gehalt an Histamin auf. Weißweine und Sekt haben meist einen etwas geringeren Gehalt als Rotweine. Die Gehalte der alkoholischen Getränke hängen jedoch zusätzlich von dem jeweiligen Herstellungsverfahren ab. Über den Histamingehalt in Spirituosen ist wenig bekannt. Der hohe Alkoholgehalt an sich hemmt jedoch die DAO.
Des Weiteren nicht gut verträglich sind Kaffee und auch die meisten Cola- und Limonadengetränke aufgrund ihrer Zusatzstoffe.
Sonstige Lebensmittel
Einen höheren Gehalt an Histamin oder anderen biogenen Aminen ist auch in folgenden Lebensmitteln enthalten:
- Tafelessig, Rotweinessig (Apfelessig oder Essigessenz verwenden)
- Glutamat und viele andere Würzmittel (insbesondere Brühwürfel)
Worauf Sie sonst noch achten sollten:
- verzehren Sie ihre Lebensmittel stets so frisch wie möglich
- schränken Sie den Verzehr gereifter Lebensmittel ein
- Histamin ist kälte- und hitzestabil, es kann daher weder durch Kochen, Braten oder Backen, noch durch Tiefkühlen zerstört werden
- Tiefkühlung verhindert jedoch einen weiteren Histaminanstieg im Lebensmittel
- Histamin ist wasserlöslich, bei einigen Lebensmitteln kann es sinnvoll sein, sie vor der Zubereitung zu wässern
- achten Sie stets darauf, dass Sie Ihre Lebensmittel hygienisch und gut verschlossen lagern, und dass die Kühlkette nicht unterbrochen wird
- Vorsicht bei leicht verderblichen Lebensmitteln und bei unsachgemäßer Lagerung!
- auch Rauchen kann einen negativen Einfluss auf die mit der Histaminintoleranz verbundenen Beschwerden haben
Begleitende therapeutische Maßnahmen
In einigen Fällen kann der Einsatz von Antihistaminika sinnvoll sein. Der Einsatz ist jedoch nicht bei jedem Patienten effektiv und ersetzt nicht die histaminarme Ernährung.